Artikel mit dem Tag "Metapher"
28. Dezember 2015
Psychoanalyse begann als Traumatheorie, die sich um ein Verständnis von Erinnerungen mit pathogener Qualität bemühte. Bei der Suche nach den traumatisierenden Ursachen wurde dann deutlich, dass Erinnerungen im Gedächtnis umgearbeitet, das heißt verschoben, verdichtet, ins Gegenteil verkehrt, falsch verknüpft oder völlig verdrängt wurden. Die Entdeckung der Übertragung erbrachte dann die Einsicht, dass es ein Wissen gibt, das erst durch Wiederholen im sozialen Kontakt mit einem Anderen...
07. Dezember 2015
In der Wissensgesellschaft wird der Anteil dessen, was wir nicht wissen, keineswegs kleiner. Zwar verdoppelt sich alle paar Jahre das Wissen der Bibliotheken, doch führt dies nicht in gleichem Maße dazu, dass der Einzelne mehr über sich selbst weiß. Über die Dinge, die uns selbst angehen – in Privatleben, Beruf oder Familie – verfügen wir zwar über ein umfassendes Wissen, dessen ungeachtet ist es keineswegs selbstverständlich, zu diesem Selbstwissen ein direktes Verhältnis zu...
30. November 2015
Im Interview mit der Wiener Tageszeitung Der Standard spricht der renommierte Psychoanalytiker Otto Kernberg über die anhaltende Bedeutung Freuds für die moderne Psychoanalyse und den Einfluss der Neurobiologie auf seine Lehre. Die Verfortschrittung der Psychoanalyse geht bei Kernberg jedoch zu Lasten der Freudschen Erfahrung.
19. Oktober 2015
Was hat ein Science Fiction Roman mit der psychodynamisch orientierten Beratungstätigkeit in Organisationen gemein? Antwort: Bei beiden geht es um den Umgang mit fremden Kulturen und die Suche nach intelligenten Lebensformen. Doch im Ernst: Tatsächlich stellen sich psychodynamisch orientierte Beraterinnern und Berater zu einer Organisation wie zu einer fremden Kultur, weil Menschen zunächst immer Fremde sind, sofern sie meist anders ticken, als man denkt. Dabei ist das Zusammentreffen mit...
28. September 2015
Für die Untersuchung von Objekten hat die Bedeutung von Zusammenhängen hohe Relevanz. Wer sich mit Fragen der Wissensvermehrung befaßt, kann etwa wie Linné für die Pflanzenwelt Unterscheidungen herausarbeiten und Begriffe zuordnen sowie Ähnlichkeiten suchen und diese in Zusammenhängen darstellen. In der Regel geht man nicht vom isolierten Objekt aus, sondern stellt es – wie auch in der Archäologie – in den Fundzusammenhang. In der Kunstgeschichte hat sich die vergleichende...
21. September 2015
Die Ansicht, dass Metaphern nur in Romanen und Gedichten eine Rolle spielen, ist längst überholt. Nicht überholt ist indes die weitverbreitete Annahme, Psychoanalyse sei allein eine Psychotherapie. Beide Diskursfelder lassen sich gut in Bezug zueinander setzen (vgl. Senarclens de Grancy 2015). So kann, wer sich mit Metaphern – also mit dem übertragenen Sprachgebrauch – befasst, einiges über die psychoanalytische Arbeits- und Denkweise erfahren. Denn Psychoanalyse ist ein explizit...
08. Juni 2015
Organisationen des Wirtschaftslebens funktionieren als Teil eines komplexen ökonomischen Ordnungssystems, in denen durchrationalisierte Strukturen Funktionsfähigkeit und Überleben sichern sollen. Zugleich bestimmen Menschen über den Erfolg ihrer Einrichtung, so dass sich in Organisationen Objektivität und Subjektivität in komplexer und dynamischer Weise durchdringen. Das Medium, mit dessen Hilfe diese Prozesse koordiniert werden, ist die Sprache und das Sprechen. Doch werden deren...
09. März 2015
Wer sich heute danach erkundigt, was Psychoanalyse eigentlich sei, will sich gern auf neueste Forschungen verlassen. Mit dem neuropsychoanalytischen Begriff wird ein Bild von Psychoanalyse konstruiert, wonach es möglich erscheine, die Seele auf der Basis einer mess- und objektivierbaren Naturwissenschaft berrechenbar zu machen. Darum heißt sie hier auch nicht Seele, sondern Gehirn. Beim Gehirn kann zumindest die Lage als gesichert gelten, weiß man doch immer, wo es sich befindet: zwischen...
23. Februar 2015
Die Metapher hat für die Psychoanalyse spätestens seit Lacans Parallelsetzung mit der Freudschen Verdichtung eine zentrale Bedeutung erhalten. Merkwürdigerweise existieren jedoch kaum eingehendere Untersuchungen zu den Wechselbeziehungen zwischen der Metaphorik als erkenntnisgenerierender Denk- und Sprechform und der Psychoanalyse. Metaphern schaffen Verbindungen – so die häufig zu lesende Auffassung – die in Ermangelung eines Begriffs für ein Ding bekannte Ausdrücke ihrer...
16. Februar 2015
Am Ende eines Briefes benutzt Freud den Ausdruck ‚missing link‘, als wäre er ihm besonders geeignet erschienen, um den epistemologischen Sonderfall von Psychoanalyse auf den Punkt zu bringen. In diesem Brief antwortet Freud dem deutschen Psychosomatiker Georg Groddeck, der sich im Mai 1917 mit einigen Überlegungen zum „Es“ an ihn gewendet hatte: „Das Es“, schreibt Groddeck, „das in geheimnisvollem Zusammenhang mit der Sexualität, dem Eros oder wie man es sonst nennen will,...